Silvester in Österreich – Schwergewicht und Leichtigkeit
Das Land feiert. Schon mit Einbruch der frühen Dämmerung werden die ersten Böller verschossen und Menschen finden sich zum ausgelassenen Fest. Traditionell ist feiern stark mit gutem Essen verbunden, in Österreich sehr oft mit vielen bunt belegten Brötchen, schließlich muss ein langer Abend überbrückt und dementsprechender Alkoholkonsum unterlegt werden.
Punkt Mitternacht geht es los – damals wie heute … Feuerwerk, Korkenknallen, Gläser klingen und… kein Silvester ohne Pummerin und Donauwalzer. Kitschig und herzerwärmend zugleich.
Die Pummerin – eine gewichtige Friedenswächterin
Über 21.000 kg bringt sie auf die Waage oder viel mehr, hängen in den Balken. Die alte Dame ist gut 67 Jahre alt und hat nichts von ihrer Ausstrahlung verloren. Sie steht von altersher für Frieden und Freiheit und wird als Stimme Österreichs bezeichnet. Dabei gibt es heute bereits die dritte Vertreterin ihrer Zunft.
Pummerin, die I.
.. hieß eigentlich Halbpummerin, gegossen 1588, war ihr Name eigentlich Johannesglocke. Sie war „nur“ 11.700 kg schwer, was für diese Zeit eine technische Meisterleistung bedeutete. Der Überlieferung nach, war diese Glocke ein klangliches und künstlerisches Meisterwerk. Zum Zeitpunkt ihres Gusses war sie die größte Glocke im deutschsprachigen Raum und die einzige Wien´s, die während der 2. Türkenbelagerung bei drohender Gefahr geläutet werden durfte. Das brachte ihr den Namen „Angsterin“ ein. Mit einer Lebensdauer von 357 Jahren, war sie die Ausdauerndste aller drei.
Pummerin, die II.
Das osmanische Heer konnte Dank der Hilfe alliierter Truppen aus der Stadt vertrieben werden und das Haus Österreich kam zu Macht. 1711 wurde die Vorgängerin der heutigen Pummerin gegossen, und zwar aus zurückgelassenen Kanonen. Sie hieß Josephinische Glocke und war 22.500 kg schwer, wobei der Klöppel und die Armaturen einen wesentlich größeren Anteil hatten, als heute. Sie war reichlich verziert, aber klanglich nicht sehr gelungen. Sie stürzte im Jahre 1945, beim Brand des Stephansdoms vom Gebälk und wurde somit „nur“ 234 Jahre alt.
Pummerin, die III.
Sie ist der Radiostar der Neuzeit und wurde 1952 anstelle ihrer Vorgängerin – allerdings im Nordturm, dem Platz der Halbpummerin, welche ebenfalls 1945 zerstört wurde – aufgehängt. Sie ist also eine vergleichsweise junge Lady.
Ihr Einsatz wird mittels einer Läutordnung geregelt, da dieses schwere Geläut nicht täglich bewegt werden kann. Es dauert 15 min. vom Beginn des Vorganges, bis der Klöppel zum ersten Mal anschlägt. Geläutet wird sie zu den kirchlichen Feiertagen und zu besonderen Ereignissen, wie zum Beispiel der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrages, Begräbnissen von Staatsoberhäuptern und vor allem jedes Jahr am 31. Dezember um Schlag Mitternacht. Quellen: Foto Salzburger Nachrichten; 100 Jahre Republik, 1952 -der Triumphzug der Pummerin. Text in Anlehnung an Wikipedia und weiter Quellen.
Ihr Geläut ist so laut, dass zu den damaligen verkehrsarmen Zeiten meiner Kindheit, ihr Klang weithin hörbar war und sogar wir „am Land“ sie hören konnten. Unsere Eltern erzählten uns viel über ihre Geschichte und so wundert es nicht, dass sie – als Zeitzeugin – noch heute eine gewisse Ehrfurcht verströmt.
Der Donauwalzer – die Leichtigkeit in Noten
… die heimliche Hymne Österreichs (vor „I am from Austria“;-)), ist das leichte Gegengewicht zum geschichtsträchtigen Glockengeläut und ist vergleichsweise jung. Im Februar 1867, von Johann Strauß (Sohn) komponiert und uraufgeführt, setzte sich der Walzer anfangs nicht durch, obwohl er der Überlieferung nach, das erste Musikstück ist, das als „Schlager“ betitelt wurde.
Johann Strauß trat ein halbes Jahr später bei der Weltausstellung in Paris auf, wofür er auch neue Kompostionen schuf. Er erinnerte sich an den Walzer und nahm ihn ins Programm auf. Man geht davon aus, dass die Klavierfassung zweihändig, in kurzer Zeit 1.000.000(!) mal verkauft wurde.
Der Musikkritiker Eduard Hanslick bezeichnete den Donauwalzer schon 1874 als eine „wortlose Friedens-Marseillaise“. Nach der Proklamation der Unabhängigkeit Österreichs, im April 1945, wurde mangels einer Bundeshymne der Donauwalzer intoniert.
Ein Stück Radiogeschichte
Der Österreichische Rundfunk (ORF) begann am 1. August 1955 um 17 Uhr sein Fernseh-Versuchsprogramm mit einem ORF-Logo-Standbild zu dem der Donauwalzer gespielt wurde. Später entstand daraus eine stilisierte Version aus acht Tönen als Sendererkennung und wurde bis in die 1980er beibehalten. Der antiquierte Schlager hat den Sprung ins Radio geschafft und wird seit dem zu Silvester eingespielt – 15 Minuten lang.
Kulinarisches zum Jahreswechsel
Brötchen sind begehrte Begleiter in die Silvesternacht. An diesem jährlichen Event ist die kulinarische Entwicklung sehr gut sichtbar.
Traditionell gab es „gekochten Sauschädel mit Schwanzerl und Haxerl“ mit reichlich Schwarzbrot. Und das machte tatsächlich Sinn. Das viele Fett war ein guter Neutralisator für den damals säuerlichen Grünen Veltliner. Abgesehen davon, war es auch eine Belohnung für die weitgehend fleischlose Ernährung und ein körperlich arbeitsreiches Jahr.
In den 1960er, 70er und 80er-Jahren kamen zu den beliebten bunt-belegten Sandwichbroten noch russische Eier und Käseigel dazu. Dekoriert wurde mit Kaviar- und Lachsersatz. Ein echter Luxus und Zeichen von Wohlstand, denn Semmeln konnten sich ursprünglich nur reiche Leut´ leisten
Avocado, Antipasti, Tomate-Mozzarella und Trüffel waren noch völlig unbekannt und wären sicherlich unerschwinglich gewesen. Unsere Wrapini® gab´s natürlich auch noch nicht.
Mit Glockengeläut und donauwalzend ins Neue Jahr
Dieser Moment, in dem das alte Jahr abgeschlossen und das neue begrüßt wird, ist dem Frieden gewidmet. Es sind dies 15 Minuten, in dem die Welt um uns die Luft anhält und sich mehr oder weniger pathetisch besinnt. Es ist dieser Moment der Einigkeit, der diesen Jahresabschluss-Event – abseits von all den menschlichen, gesellschaftlichen und globalen Problemen – so magisch macht.
Ein Moment im Zeichen des Friedens, wo Pummerin und Donauwalzer das Sagen haben.
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